Akt 1 – Wie alles begann
Wer kennt Hetzentännig?
Hetzentännig, am nördlichen Rand der Gemeinde Walsdorf gelegen, interessanterweise seit ein paar Jahren dem Kaminkehrer Bezirk Bischberg zugehörig, kennen die meisten nur vom leicht verbogenen,
schon etwas verwitterten, grünen Weilerschild „Hetzentännig“ und der oft störenden Tatsache, dass man da nur 70 km/h fahren darf, was für manche somit eher ein Hindernis, als ein Ort ist.
Ach ja; da ist ja noch die Tierkörperverwertung. Im Regionaljargon auch die „Schinderei“ genannt. Wahrscheinlich historisch begründet durch eine geächtete Fallmeisterei und dem nahen Galgen, an dem zuletzt wohl Wirtsleute, die Durchreisende im Nachtquartier um die Ecke brachten, baumelten. Vielleicht war es auch der damalige Fallmeister in Hetzentännig der wohl dem katholischen Glauben anhängig war, die Walsdorfer hatten bis dato, wenig Kontakt zu den Hetzentännigern.
Nicht alle, es gibt durchaus Bürger der Gemeinde Walsdorf die uns kennen. Es gibt auch einige, deren Pferde bei uns wohnen. Ah ja, da sind noch unsere Nachbarn, die Familie Ott, Rosenberger, Rebhan, sowie Walsdorfer oder Erlauer Landwirte, zu denen wir guten Kontakt haben. Auch ist ein Walsdorfer und eine Erlauerin bei uns beschäftigt. Diese bewältigen die täglichen Arbeiten am Hof.
Wenn man es so sieht, sind das doch gar nicht so wenige.
Zu meiner Person muss ich jedoch gestehen, dass meine letzte Beteiligung am öffentlichen Leben im Walsdorf die Teilnahme am 10km Auerochsenlauf vor ein paar Jahren war. Anders als Uwe, der Mann von Andrea, der wie Katja und ich, in Hetzentännig 1 wohnt und rege am Vereinsleben in Walsdorf teilnimmt.
Da ich ein eher unscheinbarer Zeitgenosse bin, ein Freund sagte mal „Du bist der ideale Geheimagent, denn an dich erinnert sich keiner“, verwundert es mich auch nicht, wenn nach fast 20 Jahren in Walsdorf, mich die meisten Leute nicht kennen. Aber auch hier gibt es einige Walsdorfer oder Erlauer, die mich seit meiner frühesten Kindheit aus Gaustadt kennen.
Nach Hetzentännig kam ich eher durch Zufall, befand mich eigentlich auf der Durchreise, doch die Liebe hält mich hier.
Dies ist nun fast 20 Jahre her.
Die Wahl
Kommunalwahl 2020. Hier in Hetzentännig findet wieder mal gar nichts statt. Keine Benachrichtigung über Wahlveranstaltungen oder ähnlichem. Wir hier kennen auch weder den einen, noch den anderen.
Mario oder Michael? Namen die mir bis dahin nicht bekannt waren. OK, wir leben in Zeiten von Corona. Darauf lässt sich fast alles schieben, aber das war in den früheren Wahlperioden auch nicht anders. Meine Wahlentscheidung machte ich auch nicht an einem Metermaß fest, sondern an der Aussage, dass der eine der beiden Kandidaten seine Arbeitszeit bei seinem Arbeitgeber reduzieren will, um sich dem Amt des Bürgermeisters mit dem notwendigen Zeitumfang zu widmen.
Da sich der andere Kandidat gerade im Aufbau seines Unternehmens befand, erschien mir seine Bewerbung um das Amt mehr als mutig und ich hatte meine Zweifel. Der Ausgang der Wahl ist hinlänglich bekannt.Die Nachricht
Es begann alles mit einem Small Talk mit dem Nachbarn, dem Hans Ott. Dem Hans also erwies der neue Bürgermeister die Ehre eines höchstpersönlichen Besuchs, bei welchem er ihm die frohe Kunde zutrug, dass alsbald ein toller neuer Nachbar, 70m neben seiner Haustür, sein nachhaltiges Abfallunternehmen eröffnet und Walsdorf blühende Landschaften und ungeahnten Reichtum bringen wird. Seltsamerweise sah der Hans dies ganz anders. Das Ergebnis des Gesprächs war ein völlig geschockter Hans, dem Super Mario auch noch erklärte, dass alles bereits im Gemeinderat beschlossen ist. Der Bürgermeister sprach anschließend von einem schwierigen und komplizierten Gespräch mit dem Hans Ott.
Was passierte dann? Sicher fragen Sie sich das nun. Diese Frage stellten wir uns auch. Wir warteten, aber es tat sich nichts.
Ganz Walsdorf ist also dafür. – Diesen Eindruck hinterließ der Bürgermeister.
Ganz Walsdorf? Nein! ….
Es vergingen die Tage, niemand kam. Offensichtlich war der Herr Wolff noch völlig geschockt von der Tatsache, dass es Menschen gibt, welche die heilsbringende Firma nicht hier vor Ort haben wollen.Das Amtsblatt (03/2021 erschienen)
Böse Zungen behaupten auch, es erschien – auf Kosten der Steuerzahler – die Imagebroschüre der Fa. ReFood.
Im Widerstand gegenüber öffentlichen Organen ungeübt, die letzten Demos, an welchen ich teilnahm, waren in den 80ern gegen ein Atomkraftwerk in Viereth (ja diese Planungen gabs tatsächlich) und ein paar andere irre Sachen Anfang der 90er, haben wir, Katja und ich, uns erstmal informiert, mit wem wir es hier zu tun haben.
Das Bild von der grünen Firma mit dem grünen Baum stellte sich schnell ganz anders dar. Eine Firma deren Geschäftsmodell ‚die Beseitigung von Speiseresten aus Gastronomie und die Überproduktionen aus Supermärkten und Metzgereien‘ ist. Ob es nun Umweltskandale in Schleswig oder Marl in welche die Fa. ReFood oder deren Mutterkonzern Saria verstrickt waren oder die Tatsache das ReFood sich vorwiegend in der Nähe von Tierkörperverwertungen ansiedelt. Egal, kurzum gründeten wir die Bürger- und Umweltinitiative „Walsdorf, hier leb ich noch gern“.
Ähnlichkeiten mit dem Slogan der Gemeinde sind rein zufällig.
Die folgenden Aktionen wurden vorwiegend durch Katja und Birgit Wolfrum-Reichel initiiert. Ich schlüpfte in die Rolle eines Beraters, der die Bürgerinitiative mal mit Informationen versorgt, mal das geschriebene kritisch betrachtet und kommentiert. Ich schreibe das Folgende also meist als Beobachter.
Es wurden Informationsschriften und Flugblätter gedruckt, Bekannte und Nachbarn wurden informiert, die Lokalredaktion der Tageszeitung wurde benachrichtigt. Facebook, Instagram, etc. Eine Onlinepetition wurde installiert.
Uwe schrieb umgehend den Song, „Walsdorf, hier leb ich noch gern“ im Stil von Udo Lindenberg. Die folgenden Tage zeigten uns, dass unsere Bedenken auf eine große Resonanz bei Anwohnern von Walsdorf und den Gemeindeteilen, sowie Tütschengereuth und Trosdorf, stoßen. Von den „Bedenken der 6 Anwohner aus Hetzentännig“ wie im aktuellen Amtsblatt 05/2021 aufgeführt ist,
konnte schon damals nicht die Rede sein.
Es gab ein erstes Treffen mit Presse auf dem besagten Acker. Es handelte sich nicht um eine Kundgebung, lediglich um ein Treffen einzelner Personen unter freien Himmel mit Pressevertretern. Unsere Anwesenheit und die Betretung des Ackers, welcher zu diesem Zeitpunkt brach lag, war somit durch Artikel 26 BayNatSchG gedeckt. Einige anwesende Walsdorfer bekundeten Ihre Unterstützung und Bereitschaft in der Bürgerinitiative mitzuarbeiten.
Am gleichen Abend trugen wir noch Infoblätter nach Trosdorf.Die Bürgermeister in Hetzentännig
Nun wurde auch dem Herrn Bürgermeister Wolff endlich klar, dass es da noch andere Bewohner in Hetzentännig gibt; eine Kommission von 2 Bürgermeistern meldete sich zum Besuch in Hausnummer 1 an. 1. Bürgermeister Wolff und der 2.Bürgermeister Huttner kamen. Damit nicht nur Vertreter der „freien Liste“ an dem Gespräch teilnehmen, lud Katja dazu noch den 3. Bürgermeister Ullrich mit ein.
Michael Ullrich kannten wir bis zu diesem Tage ja auch noch nicht. Dieser Termin fand mit den Bewohnern von Hetzentännig statt. Es wurde uns von der Fa. ReFood und dem Besuch in einem Werk in Hüttenfeld berichtet. Die durchweg positiven Eindrücke des Besuchs wurden uns von Hr. Huttner geschildert. Die Notwendigkeit der Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 100.000 Euro wurde uns mitgeteilt.
Wir teilten den Herren unsere Bedenken mit, auch, dass solche Konzerne Mittel und Wege kennen, Steuern zu vermeiden. Hr. Wolff meinte dazu, dass wenn dieses geschehe, wird er mit 500 Menschen die Zufahrten zum neuen Betrieb blockieren. Auf andere Aussagen des Hr. Huttner werde ich hier nicht eingehen, denn diese riefen bei allen Beteiligten im Raum große Verwunderung und Unverständnis hervor, worauf Hr. Ullrich das Wort ergriff und versuchte zu verhindern das sich die beiden anderen Bürgermeister weiter um Kopf und Kragen reden. Auch wenn Hr.Wolff das Bürgermeisteramt nur ehrenamtlich bekleidet, wie er mehrfach klarstellte, werden seine Worte als die des offiziellen Vertreters der Gemeinde vernommen. Auf unsere Frage, was ReFood denn in Walsdorf nun eigentlich will, wurde die gute Infrastruktur, Wärme aus der TBA und eine Abwasserleitung nach Bamberg, aufgezählt. Eine weitergehende Verbindung zur TBA wurde bestritten.
Eine Onlinerecherche unsererseits ergab, dass es auch in Hüttenfeld eine Tierkörperbeseitigungsanlage des Rethman Konzerns, die Süpro GmbH und Co KG in unmittelbarer Nachbarschaft, gibt.
Lesen Sie weiter im nächsten Akt.Demnächst:
Stefan Soraci
• ‚Die Online-Konferenz‘ oder ‚Wie ein Geschäftsführer einer Firma die Meinungsäußerung der Gemeindevertreter übernimmt und die Fragen der Bürger an diese beantwortet‘
• ‚Treffen der Bürgermeister mit Bürgern und Vertretern der Bürgerinitiative‘
• ‚ReFood Vertreter stellen sich der Bürgerinitiative im Herzogshaus‘
• ‚Die erste Kundgebung in Hetzentännig‘ oder ‚Das Schweigen von Bürgermeister und Gemeinderäten‘
Hetzentännig 1
96194 Walsdorf