Prolog
Nachhaltigkeit oder Greenwashing?
Zwei Begriffe, die mir „aufgrund der derzeitigen Situation“ in den Sinn kommen.Nein, es geht diesmal auch nicht um Corona. Aber was bedeuten die zwei Begriffe eigentlich.
‚Nachhaltigkeit‘ = ‚Lange anhaltend‘ oder neudeutsch = ‚im Sinne eines Prinzips‘.
Es darf demnach nicht mehr verbraucht werden, als nachwachsen, sich regenerieren und künftig wieder bereitgestellt werden kann.Warum nun diese lange Einleitung? Wissen wir doch eh, werden viele vielleicht sagen. Wie lässt sich nun das Bauvorhaben eines Abfallbeseitigungsunternehmens bei uns nebenan auf der grünen Wiese in Einklang mit der Begrifflichkeit ’nachhaltig‘ bringen? Eine Flächenversiegelung von fast 29000 m² Ackerland? An anderer Stelle, im 20km entfernten Limbach, entsteht hingegen durch den Weggang von ReFood eine flächenversiegelte Industriebrache. Deren Rückbau findet entweder gar nicht statt, oder muss auf Kosten der Steuerzahler entfernt werden.
Falls unser Bürgermeister aus Walsdorf und einige seiner Anhänger das unter Nachhaltigkeit verstehen, im Sinne von „lange anhaltend“, muss ich ihm Recht geben.
Sicherlich kann die geplante Ansiedlung der Fa. ReFood in keiner Form von nachhaltig (“weniger Verbrauch als nachwachsen, sich regenerieren oder künftig wieder bereitgestellt werden kann”), abgeleitet werden.
Warum? Das werde ich in den folgenden Zeilen schildern.
Da ist zunächst der Flächenverbrauch 29000 m² Betriebsfläche. Ackerfläche, die hierzu erst noch komplett versiegelt werden muss. Klingt erst mal nicht viel und dramatisch, schon gar nicht für einen Konzern, dessen Eigentümerfamilie sich ganze Landstriche angeeignet hat und somit in Deutschland über 7000 ha oder 70.000.000 m² landwirtschaftliche Fläche in ihrem Besitz hat.
Ein weiterer Punkt ist der Verkehr, denn die ach so nachhaltigen Bioabfälle entstehen keineswegs nur in Walsdorf oder dem Landkreis Bamberg.
Der Bioabfall wird in großen Behältern gesammelt und aus einem Radius von rund 100 km, mit 12to Diesel LKWs herangekarrt.
Jetzt könnte man immer noch eine „nachhaltige“ Verwertung des Biomülls hier in Walsdorf mutmaßen. Dies wird jedoch von unseren derzeitigen Gemeindevertretern und auch der Fa. ReFood vehement abgestritten und verneint.
Im geplanten, neuen ReFood-Werk, werden die Bioabfälle lediglich aufbereitet. Anschließend kommt das Ganze, der zermahlene und mit Wasser angereicherte Brei wieder auf die Straße. Tanklastzüge karren dieses Gärsubstrat in das rund 160 km entfernte Schwallungen (Thüringen).
Wie sich dies auf die Nachhaltigkeit und die CO2 Bilanz von Walsdorf und deren Unternehmen positiv auswirken soll, bleibt ein Rätsel, das wohl allein dem Bürgermeister und seiner Gefolgschaft offenbart wurde.
Nachhaltig sind wohl auch nicht die Einkünfte aus der Veräußerung des Grundstückes, welches immer wieder mit rund 600.000 € beziffert wird.
Dies klingt zwar erstmal fantastisch viel für einen nicht erschlossenen Acker dieser Größe. Eine Erklärung hierfür erschließt sich dem Publikum jedoch erst in einem folgenden Akt.
Lassen Sie es mich so sagen. Einmal das Pflaster vor der Herzogscheune bezahlt, schon sind die schönen und nachhaltigen 600.000 € weg.
Als ’nachhaltig‘ negativ hat sich die Entscheidung vor fast 60 Jahren erwiesen, als die Tierkörperverwertung von Bamberg nach Walsdorf umgesiedelt wurde.
„Eine Ansiedlung in einem Gebiet, fernab der nächsten Wohnung“
„Ohne Geruch und mit Kläranlagen nach neuestem amerikanischen Prinzip“So titelte es damals die Zeitung. Nach heutigem Kenntnisstand erscheint das fast lächerlich.
Die meisten Walsdorfer wissen es besser. 40 Jahre übelster Gestank machten Walsdorf überregional zum Synonym für:„das ist doch dort wo die Tierkörperverwertung mit dem Gestank ist“
Sicher hat man den Gemeindevertretern damals ein Denkmal errichtet.
Nachhaltig ist hoffentlich auch nicht Corona.
Auch glaube ich nicht an die Kompensierung der wirtschaftlichen Folgen dieser Seuche durch den Geldsegen einer Ansiedlung von ReFood.
Ich hoffe es steinigt mich keiner für diese Geschmacklosigkeit. Man könnte dies jedoch aus manchen Schriften schlussfolgern.
Nachhaltig eingeprägt hat sich mir jedoch ein Bild das ein Redner auf unserer Kundgebung gezeichnet hat.
10x10cm Gartenerde mit etwas Gras und einem Gänseblümchen auf dem mehr Lebewesen als Menschen auf der gesamten Erde leben.Greenwashing
Mein Opa sagte zu uns Kindern mal „Sprecht mir doch mal einen langen Satz nur mit W am Wortanfang“. Wir rätselten bis er uns die Lösung präsentierte.
„Wir Walsdorfer Weiber Würden Weiße Wäsche Waschen, Wenn Wir Wüssten Wo Warmes Wasser Wär, Warmes Wasser Wissen Wir, Weiße Wäsche Waschen Wir.“
OK, es waren nicht die Walsdorfer sondern die Wiener und die „Weiber“ würde man heutzutage auch weglassen. Aber es waren auch andere Zeiten und der Reim ist wahrscheinlich hundert Jahre alt. Warum erzähle ich das trotzdem? Keine Ahnung er fiel mir bei dem Wort „Greenwashing“ einfach so ein; vielleicht hat es auch gar nichts mit unserer Sache zu tun.
Aber vielleicht spiegelt es auch wieder wie es ein Konzern versteht, durch geschickten Lobbyismus unseren Gemeindevertreter die Sinne zu vernebeln und Ihnen zu suggerieren, dass die „gute Infrastrukturanbindung“, das „warme Wasser“ der TBA und die Abwasserleitung, welche auf der Landkarte wie ein Wegweiser für die Neuansiedlungspläne von ReFood prangert, diesen Konzern nach Walsdorf führen, um das Beste für eine „weiße Weste“ dieser Amtsperiode zu bringen.
Verliehene Nachhaltigkeitsorden und medienwirksame Auftritte mit politischen Vertretern sind kein Garant für echte Nachhaltigkeit und sind oftmals nur Greenwashing des eigenen Image nach Umweltskandalen.
Stefan Soraci
Hetzentännig 1
96194 Walsdorf